Wieso bin ich, wie ich bin?
Ich habe ein so gutes Buch gelesen, das völlig zu Recht in sämtlichen Bestsellerlisten auftaucht. Schon der Titel ist genial: Das Buch, von dem du dir wünschst, deine Eltern hätten es gelesen. (Und deine Kinder werden froh sein, wenn du es gelesen hast) (Affiliate Link) von Psychotherapeutin Philippa Perry. Mich hat es beim Lesen erinnert an die Lektüre von Stepanie Stahls Buch „Das Kind in dir muss Heimat finden“ oder an die Bücher der Wunschkind-Bloggerinnen, denn man findet eine ganze Menge über sich selbst, das eigene Verhalten und die Beziehung zu den Kindern heraus. Jedenfalls habe ich es hin und wieder zur Seite gelegt, weil ich erst einmal nachdenken musste über das Gelesene. Oft habe ich mich erwischt oder ertappt gefühlt, aber irgendwie war es auch sehr erleichternd zu erkennen, wie viele negative Verhaltensweisen erklärbar und durch diese Erkenntnisse auch veränderbar sind.
Getroffen fühlte ich mich beispielsweise bei folgendem Zitat:
Wenn Sie, sobald ihr Kind Aufmerksamkeit fordert, fast immer an etwas Dringendes denken, an den Haushalt, die Arbeit oder einen Telefonanruf, und wenn Sie dies als Entschuldigung sich selbst und dem Kind gegenüber einsetzen, kommt dort wahrscheinlich Ihre Diaphobie* zum Vorschein. (S. 165)
*Mit Diaphobie ist übrigens die Phobie vor einem echten Dialog gemeint
Ich habe zuhause immer eine Menge zu tun, denn bekanntlich hört diese verd*** Hausarbeit nie auf. Ist man mit der Wäsche fertig, könnte man schon wieder mit dem Kochen anfangen. Jeden Tag fehlt garantiert irgendein Drogerie-Produkt oder ein Lebensmittel, sodass wir jeden Tag einkaufen gehen könnten. Und es ist auch immer etwas gerade besonders schmutzig, sei es die Fensterscheibe, das Paar Kinderschuhe oder das Waschbecken. Ich tue also immerzu irgendetwas, aber manchmal ist es auch eine Ausrede, um mich nicht näher mit den Kindern beschäftigen zu müssen. Also schrubbe ich manchmal lieber still vor mich hin und oder hänge beim Wäsche machen meinen Gedanken nach. Stattdessen könnte ich an und zu lieber mit den Kindern spielen, jedoch fehlt mir ganz oft die Lust dazu. Ist das nicht auch eine Form, um einer Art von Kommunikation aus dem Weg zu gehen, also Kontakt zu den Kindern aufzunehmen, sich auf sie einzulassen und sich intensiv mit ihnen zu beschäftigen? (Kleinlautes „Ja“.. von meiner Seite) Warum ist das so und was hat das mit mir selbst zu tun?
Keine Zeit für Hier und Jetzt!
Jedenfalls bin ich über die Gründe dafür ganz schön ins Grübeln gekommen, mich nicht mit den Kindern beschäftigen zu wollen. Auf jeden Fall spiele ich nicht gerne und kann mich schwer auf Gesellschafts- oder Rollenspiele einlassen. Dabei habe ich das als Kind so oft getan und liebte es, mein Playmobil-Spielzeug aufzubauen, so wie es jetzt meine Tochter Luise tut. Anstatt mich an ihrem Spiel zu beteiligen, sitze ich nun lustlos neben ihr und sortiere Figuren und Tiere in Kisten, während ich an die Wäsche oder meinen Text denke, den ich schreiben sollte. Meine Freundin, die auch eine kleine Tochter hat, erzählte mir neulich davon, dass es schwer ist, sich auf das „Hier und Jetzt “ ihres Kindes einzulassen, weil wir als Erwachsene eher in der Zukunft leben und laufend daran denken, was der heutige Tag noch an Aufgaben mit sich bringt. Schade, denn eigentlich tut es uns so gut, sich einmal völlig im Moment zu verlieren. Aber wir können ja daran etwas ändern, wenn wir möchten. Wenn wir verstehen, wieso wir dieser Kommunikation aus dem Weg gehen, können wir auch etwas daran ändern. Übrigens ist auch die Idee mit dem Unterstützungsnetzwerk aus diesem Buch. Den Text dazu findest du hier.
Brief an dich, liebe Mama
Auf jeden Fall hat mich das Buch von Philippa Perry dazu gebracht, mehr über die Gründe meines Verhaltens nachzudenken, und sie gibt reichlich Hilfestellung dafür. Die Psychotherapeutin ist selber Mutter und erinnert sich an die unangenehmen Szenen, die mit kleinen Kindern entstehen können. Sie berichtet von einer Frau, die abends wütend auf sich selbst ist. Sie kam etwas zu spät, um das Kind aus dem Kindergarten abzuholen, das Kind aber spielte und wollte nicht gehen. Sie wurde ärgerlich, das Kind ebenfalls und es kam zu so einem typischen schwarzen Moment. Perry schrieb einen Brief an die Mutter und zeigte ihr Mitgefühl für deren Situation, schrieb aber auch einen Brief an sie aus der Sicht des Kindes. (S. 216f) Ein sehr guter Tipp übrigens, um sich dem eigenen Kind näher zu fühlen. Wenn wir uns demnächst einmal über unsere Kinder ärgern, dann hilft das sicher ungemein, einen Brief aus der Sicht unseres Kindes an uns selbst zu verfassen.
Das Buch ist voll von solchen guten Gedanken, die uns näher zu uns selbst und auch zu unseren Kindern bringen. Falls du noch auf der Suche nach einer guten Sommer-Lektüre bist, kann ich es dir sehr ans Herz legen.
In der Buchbeschreibung heißt es so treffend:
Kann ich meinen Eltern verzeihen? Darf ich eingestehen, dass ich als Mutter oder Vater einen Fehler gemacht habe? Ja, sagt die erfahrene Psychotherapeutin Philippa Perry. Was Kinder brauchen, sind keine falschen Ideale, sondern wahrhaftige Bezugspersonen.
Das klingt doch auch sehr tröstend, oder? Bleib fröhlich und unperfekt, deine Laura